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Kapillarrohr-Lehmdecke: Strahlungskühlung ohne Klimaanlage für Alt-

Sommerhitze im Dachgeschoss und trockene Heizungsluft im Winter? Eine Kapillarrohr-Lehmdecke löst beide Probleme völlig geräuschlos: Dünne PET-Kapillarrohrmatten werden auf die Rohdecke getackert, mit einer 25 mm Schicht aus lehmgebundenem Kalkfeinputz überzogen und an einen Niedertemperatur-Wärmetauscher angeschlossen. Im Sommer zirkuliert 18 °C Wasser – die Decke nimmt stille Strahlungswärme auf; im Winter reichen 28 °C Vorlauf, um behagliche Strahlungswärme abzugeben. Ganz ohne Zugluft, ohne Ventilatoren und mit 100 % natürlichen Baustoffen bleibt das Raumklima konstant – und die Heiz-/Kühlkosten sinken spürbar.

1. Systemaufbau: Lehm trifft Hydraulik

  • Kapillarrohrmatte: PET, Rohrdurchmesser 3,5 mm, Raster 10 mm, Wärmeleitwiderstand 0,19 m²K/W
  • Lehm-Kalk-Deckputz: 70 % Lehm, 20 % NHL 3.5, 10 % Hanffaser; λ = 0,42 W/mK, Sorptionskapazität 90 g/m²
  • Schnellhärter: Kalziumsulfat 2 % (ermöglicht 48 h Belegreife)
  • Hydrauliknetz: 8 × 1 mm PE-RT Verteilleitung, Pressfitting, CLIMATE-Controller (0,6 W Standby)

Typischer Aufbauhöhe: 35 mm. Gewicht: 58 kg/m² – in Altbauten mit Holzbalkendecke statisch geprüft (i.d.R. zulässig).

2. Vorteile der Kapillarrohr-Lehmdecke

Vorteil Beschreibung Praxisnutzen
Lautlose Kühlung 100 % Strahlung, keine Ventilatoren 22 °C Raumtemp. bei 34 °C außen
Effizienz ΔT nur 6 K nötig COP Wärmepumpe > 5,0
Feuchtepuffer Lehm nimmt 90 g/m² H₂O auf Luftfeuchte bleibt 45–55 %
Nachhaltigkeit 90 % Naturanteil, CO₂-Arm Lehmputz vollständig rückbaubar
Innenraumästhetik Fugenlose, matte Oberfläche Kein Klimageräte-Kasten sichtbar


Makro: Kapillarrohrmatte eingebettet in Lehm-Kalk-Putz

3. Fallstudie: Altbau-Dachgeschoss in Stuttgart (65 m²)

  • Fläche aktiv: 55 m² Decke, Vorlauf 17–29 °C
  • Messung Sommer 2024:
    • Innen ≤ 25,5 °C bei Außen 38 °C (Hitzewelle)
    • Kälteleistung 28 W/m², Stromverbrauch WP 3,8 kWh/Tag
  • Messung Winter 2024/25:
    • Heizleistung 35 W/m², Raum 21 °C, Vorlauf 30 °C
    • Heizenergie –18 % vs. Radiatorenjahr
  • Bewohnerfeedback: „Angenehme Kühle, keine Zugluft – und Lehmoberfläche schluckt Hall.“

4. DIY: 6 m² Kapillar-Deckenfeld im Schlafzimmer

4.1 Materialliste

  1. Kapillarrohrmatte 600 × 600 mm, 10 Stk
  2. Verteiler 6-fach, PE-RT Rohr 8 × 1 mm (25 m)
  3. Lehm-Kalk-Putz Trocken 25 kg × 4
  4. Rödelklammern & Tackernadeln
  5. Mini-Wärmepumpen-Set („Monoblock Lite“, 230 V, 350 W)

4.2 Arbeits­schritte

  1. Lattenrost 40 × 60 mm im Raster 600 mm dübeln.
  2. Matten tackern, Vor- & Rücklauf mit Pressfittings anschließen.
  3. Drucktest 4 bar/30 min, anschließend Vorspritz (Lehm/ Wasser 1:1).
  4. Tragputz 15 mm, nach 24 h Deckputz 10 mm filzen.
  5. Wärmepumpe auf Balkon/Abstellraum, via PEX-Duo an Verteiler.

Selbstbaukosten: ca. 720 €; Arbeitszeit: 1,5 Tage (2 Personen).

5. Pro / Contra Kurzcheck

Aspekt Pro Contra
Energie Sehr hohe COP, niedrige VL-Temp Kühlung nur bis Taupunkt – Kondensat­wächter nötig
Akustik Lehm dämpft Hall (α 0,25) Decke höher belastet (58 kg/m²)
Montage Trocken bis halbtrocken, DIY möglich Putz erfordert Übung für glatte Fläche
Kosten ≈ 110 €/m² komplett Höhere CAPEX ggü. Split-Klimagerät
Ästhetik Nahtlos, natürliche Struktur Keine nachträgliche Bohrungen in Mattenzone

6. Gesundheit & Nachhaltigkeit

  • VOC-frei, rein mineralisch
  • Feuchtepuffer verhindert Schimmel & trockene Luft
  • Reparaturfähig – Putzstellen lokal nachspachteln

7. Zukunft: PCM-Lehm & Solarthermie-Integration

  • Lehmputz + PCM-Mikrokapseln → zusätzliche 20 Wh/m² Latent­speicher
  • Direkte Solarthermie-Einspeisung für kostenlose 19 °C Sommer­kühlung
  • 3-D-gedruckte Kapillarstrukturen – geringere Aufbauhöhe & punktuelle Zonensteuerung

Fazit: Kühldecke trifft Naturputz

Die Kapillarrohr-Lehmdecke vereint passive Baubiologie mit moderner Flächen­temperierung. Sie sorgt für ein konstantes, flüsterleises Wohlfühlklima bei minimalem Energieeinsatz – und bringt zugleich die warme, ökologische Haptik echten Lehms an die Decke.